DIE HÜTTE DAVIDS – TEIL 1
Lobpreis und Anbetung haben in den vergangenen Jahren eine enorme Beliebtheit erlangt. Das Internet und moderne Medienkanäle ermöglichen es uns heute sogar, diese spirituelle Erfahrung aus den entlegensten Winkeln der Welt in unsere eigenen vier Wände zu holen. Die Frage aber, warum wir im Gottesdienst eigentlich Lieder singen, warum wir Instrumente einsetzen und was die theologische Grundlage unseres Lobpreises ist, bleibt oft unbeantwortet. So besteht die Gefahr, dass der Lobpreis in unseren Gottesdiensten zu einem bloßen Programmpunkt wird, bei dem man gemeinsam Lieder singt.
Eine neue Kultur des Lobpreises
Um die Bedeutung des Lobpreises für die Gemeinde Jesu wirklich zu verstehen, lohnt es sich, in unserer Zeitrechnung etwa 3 000 Jahre zurückzugehen: in die Zeit Davids, des Königs von Israel. Damals wurde durch ihn eine Gottesdienstkultur ins Leben gerufen, die bis heute das Maß aller Dinge ist, wenn es um die Umsetzung von Lobpreis und Anbetung geht.
Ich möchte mit einem Zitat aus 1. Chronik 16,7 beginnen: „Damals, an jenem Tag, trug David zum ersten Mal dem Asaf und seinen Brüdern auf, den HERRN zu preisen.“ „Zum ersten Mal“ lesen wir hier von der Initialzündung einer neuartigen Lobpreiskultur, die vom Herzen und Geist Davids geprägt war. Von diesem Tag an sollte sich das Verständnis dessen, was Lobpreis ist und wie er praktiziert wird, für alle nachfolgenden Generationen dramatisch verändern. Und so ist dieser Moment in der Geschichte auch für unsere heutige Anbetungskultur von enormer Bedeutung.
Damals ereignete sich im Bergland von Judäa etwas, das man als den „großen Umzug“ Gottes beschreiben könnte: David holte die Bundeslade, die die Gegenwart Gottes repräsentierte und der zentrale Gegenstand des israelitischen Gottesdienstes war, aus der Stiftshütte und brachte sie in einer spektakulären Prozession nach Jerusalem. Schon einmal war dieses Vorhaben auf tragische Weise gescheitert, doch an diesem Tag sollte es gelingen. Gott selbst gegenwärtig durch die Lade, nahm Wohnung in dem neuen Zelt, der „Hütte Davids“. Rund 40 Jahre lang sollte die Lade in diesem Zelt auf dem Zion, der Stadt Davids, bis zur Fertigstellung des salomonischen Tempels stehen.
Zwei Orte der Gegenwart Gottes
Um sich bewusst zu machen, wie anders und revolutionär dieser neue davidische Gottesdienst war, ist es hilfreich, sich die Unterschiede zur bisherigen Gottesdienstordnung in der Stiftshütte vor Augen zu führen. Die Stiftshütte hatte eine äußerst wichtige spirituelle Bedeutung. Als Mose auf dem Berg Sinai war, wurde ihm Einblick in den Himmel gewährt. Er sah die Wohnung Gottes, die wahre Stiftshütte. Genau nach diesem himmlischen Vorbild ließ er die Stifthütte errichten (vgl. Ex 25,40; Hebr 8,5). Dadurch sollte das Volk Israel die unsichtbare himmlische Dimension verstehen lernen: Wir Menschen können nur durch die Tür der Erlösung in die Gegenwart Gottes treten. Dies wurde schließlich möglich, als Jesus Christus durch seinen Tod am Kreuz den neuen und lebendigen Weg in die Gegenwart des heiligen Gottes für jeden Menschen öffnete (Hebr 10,19-22).
Die Stiftshütte des Mose verdeutlicht uns also, WIE wir in die Gegenwart Gottes kommen. Die Stiftshütte Davids hingegen zeigt uns, WAS wir in der Gegenwart Gottes tun, wenn wir dort angekommen sind. Deshalb finden wir in der Hütte Davids auch keine Raumaufteilung wie in der Stiftshütte durch Vorhof, Heiligtum und Allerheiligstes. Die gesamte Hütte Davids war das Allerheiligste!
In 1. Chronik 16,1 finden wir den kleinen, aber entscheidenden Hinweis, dass David an diesem Tag die Bundeslade in die Mitte des Zeltes stellte. Wer damals dieses Zelt betrat, befand sich also unmittelbar im Allerheiligsten, im Thronraum Gottes. Man kann sich vorstellen, wie ungewöhnlich und herausfordernd es für die Priester und Leviten zunächst gewesen sein muss, direkt vor der Lade zu stehen und dort ihren Dienst zu verrichten. Schließlich war es den meisten von ihnen bis dahin nicht gestattet gewesen, sich in der unmittelbaren Gegenwart Gottes aufzuhalten.
Lobpreis nach dem Herzen Gottes
In diesem Zelt, das David für die Bundeslade errichtet hatte, wurde der Gottesdienst auf eine völlig neue Weise gefeiert. Statt des Blutes von Tieren wurden Lob- und Dankopfer dargebracht. In 1. Chronik 16,4-6 lesen wir, wie die Priester und Leviten eine Vielzahl von Musikinstrumenten einsetzten und mit ihrer Musik das Zelt mit dem Wohlgeruch der Anbetung erfüllten. Die neu gewonnene Freiheit führte zu einer enormen musikalischen Kreativität. Von nun an wurde Gott in diesem Zelt Tag und Nacht, rund um die Uhr, angebetet. Die Bewohner Jerusalems schliefen ein und wachten auf mit Lobgesang.
Dieser Weg der Anbetung, den noch niemand zuvor gegangen war, stellte David vor große Herausforderungen. Es gab kein Vorbild und nichts, woran er sich hätte orientieren können. Seine eigene Familie brachte ihm wenig Verständnis entgegen (2 Sam 6,20). Wäre er nicht König gewesen, hätte sich die Priesterschaft ihm wohl vehement verweigert. So war sein einziger Bezugspunkt der Himmel selbst! In vielen einsamen Nächten hatte er als Schafhirte unzählige Stunden damit verbracht, den Gott Israels mit seiner Harfe anzubeten – und der Himmel hörte zu. Gott schien diese neue Art der Anbetung zu gefallen, wie Psalm 69,31-32 und Psalm 132,13-14 sowie viele andere Schriftstellen eindrucksvoll bezeugen.
Ein prophetisches Modell
Die Hütte Davids ist ein prophetisches Bild für die neutestamentliche Gemeinde. Nirgendwo kommt dies deutlicher zum Ausdruck als in den Worten des Jakobus auf dem ersten Apostelkonzil in Jerusalem: „Nach diesem will ich zurückkehren und wieder aufbauen die Hütte Davids, die verfallen ist, und ihre Trümmer will ich wieder bauen und sie wieder aufrichten“ (Apg 15,16). Hier zitiert Jakobus den Propheten Amos (9,11). In der Entstehung der Gemeinde Jesu, die sich aus Menschen aller ethnischen und kulturellen Gruppen zusammensetzte, sahen die ersten Apostel die Erfüllung dieser Prophetie. Wenn also der Wiederaufbau der Hütte Davids auf die Gemeinde Jesu bezogen ist, dann sollte sich auch der Lobpreis der Gemeinde an dem orientieren, was in der Hütte Davids stattfand: ein lebendiger, vom Geist Gottes durchdrungener Lobpreis, in dem ER sich offenbart und seine einzigartige Gegenwart erfahrbar wird. Lasst uns anbeten wie David!