Ent-täuscht: Mein Weg zur Wahrheit

Enttäuschungen gehören leider zu unserem Leben, doch sie können uns auch wertvolle Lektionen über Gott und uns selbst lehren. In diesem Artikel möchte ich meine Erfahrungen teilen, wie ich durch schwierige Zeiten mit Gott gewachsen bin und was ich aus meinen Enttäuschungen gelernt habe.

Verlust einer Freundschaft

Eine meiner prägendsten Erfahrungen war der Verlust einer meiner besten Freundinnen – von einem Tag auf den anderen, ausgelöst durch einen scheinbar banalen Streit zwischen ihr und einer gemeinsamen Freundin. Meine zu parteiische Haltung in dieser Situation führte dazu, dass sie mich aus ihrem Leben verbannte. Die Enttäuschung über ihr Verhalten und der Verlust dieser Freundschaft trafen mich tief und ließen mich lange trauern.
In dieser schweren Zeit erinnerte ich mich an 1. Korinther 13,12: „Denn wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild, dann aber von Angesicht zu Angesicht.“ Zunächst war mein Blick wie durch eine schmutzige Brille getrübt; ich konnte nicht verstehen, warum unsere Freundschaft so abrupt endete. Doch nach und nach wurde mir klar, dass es nicht nur an mir lag. Ich erinnerte mich, dass sie schon einmal eine ähnliche „Bereinigung“ ihres Freundeskreises vorgenommen hatte. Es war ihre Art, Menschen, die ihr zu nahe kamen, aus ihrem Leben zu entfernen. Die Erkenntnis, dass ihre Bindungsunfähigkeit der Grund für das Ende unserer Freundschaft war, brachte mir Frieden.
Jesaja 55,8-9 tröstete mich in jener Zeit: „Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr. Sondern so hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch sind meine Wege über euren Wegen und meine Gedanken über euren Gedanken.“ Auch wenn ich die Freundschaft zu dieser Freundin verloren hatte, durfte ich lernen, dass Gott einen größeren Plan hat.

Enttäuschung durch falsche Erwartungen

Großen Schutz vor Enttäuschung kann uns das Hören auf den Heiligen Geist und ein immer tieferes Verständnis von Gottes Wort geben. In Lukas 24,25 spricht Jesus zu den enttäuschten Jüngern auf dem Weg nach Emmaus: „Wie wenig versteht ihr doch! Warum fällt es euch nur so schwer, alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben?“ Auch hier sehen wir, dass die Jünger enttäuscht waren, weil sie eine falsche Vorstellung von Gottes Plan hatten: Sie hatten sich einen Messias vorgestellt, der sie von der römischen Herrschaft befreit. Doch Gott hatte einen viel größeren Plan.
In Momenten der Enttäuschung dürfen wir uns erinnern, dass wir nicht alles wissen – aber Gott weiß alles. Jede Enttäuschung ist zugleich eine Einladung, Gottes Wesen noch besser kennenzulernen. Durch die Nähe zu ihm wird unser Blick auf die Situation klarer, und wir können mit einer neuen Perspektive auf Gottes Handeln schauen.

Mentorin als Idol

Eine weitere schwere Enttäuschung erlebte ich, als eine Freundin, meine ehemalige Mentorin, eine Entscheidung traf, die eine Kluft zwischen uns schuf. Ihr plötzlicher Weggang aus unserer Gemeinde und ihr darauf folgender Lebenswandel hinterließen mich tief verletzt und trauernd. Mit der Zeit erkannte ich, dass ich diese Freundschaft auf ein Podest gestellt hatte, das nur Gott und meinem Ehemann gebührte. Die Vertrautheit und der Rat, den ich zuvor von ihr erhalten hatte, waren plötzlich nicht mehr da, und ich musste mir eingestehen, dass sie zu einer Art Idol in meinem Leben geworden war. Dieser Zerbruch führte mich zur Buße und verbesserte gleichzeitig die Beziehung zu meinem Mann. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es ein notwendiger Schritt war, damit ich zur Wahrheit gelangen konnte.

Schutz durch Nähe zu Gott

Durch diese Erfahrungen habe ich gelernt, dass der Schutz vor Enttäuschungen in der „Intimität“ mit Gott liegt: Je mehr ich ihn kenne und seine Wege verstehe, desto weniger werde ich von Menschen und Situationen enttäuscht. Es ist diese innige Gemeinschaft mit Gott, durch die ich sein wahres Wesen erkenne und mich nicht von meinen eigenen Erwartungen in die Irre führen lasse. Mit den Jahren habe ich gelernt, dass es keine Abkürzungen für Zeiten der Stille und des Gebets gibt. In diesen Zeiten baue ich eine immer tiefere Beziehung zu Gott auf, lerne seine Wahrheiten und seine Art zu handeln besser kennen. Ich lerne, ihn nicht wie einen Flaschengeist zu behandeln, sondern als souveränen Herrn, dessen Wege höher sind als meine. Diese Reise hat mich gelehrt, loszulassen und auf Gottes größere Pläne zu vertrauen, auch wenn sie manchmal nicht sofort sichtbar sind.
Römer 8,28 gibt uns eine tiefe Wahrheit mit: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind.“ Diese Verheißung zeigt uns, dass selbst in den dunkelsten Momenten Gott am Werk ist und alles zu unserem Besten dient. Auch wenn wir es nicht sofort verstehen, dürfen wir darauf vertrauen, dass Gott die Kontrolle hat und seine Pläne gut sind.


Vier Tipps für den Umgang mit Enttäuschung


Als Coach zeige ich Menschen, wie sie neue Perspektiven in schwierigen Lebenssituationen einnehmen können. Hier sind konkrete Tipps, wie du als Christ mit Enttäuschung besser umgehen kannst:

  1. Schonungslose Ehrlichkeit
    Sei unerschrocken und reflektiere ehrlich deine Erwartungen und wie du dir Gott vorstellst. Frage dich, welche deiner Erwartungen an Gott nicht erfüllt wurden – und ob diese Erwartungen überhaupt mit seinem Wort und Plan übereinstimmen. Oft entstehen Enttäuschungen, wenn wir unsere eigenen Vorstellungen über Gottes Weg und Zeitplan stellen. Nimm dir die Zeit, über diese Differenzen nachzudenken, um Klarheit zu gewinnen.
  2. Alles raus
    Lass deine Gefühle zu und erlaube dir, die Enttäuschung zu durchleben. In dieser Zeit ist es wichtig, Unterstützung zu suchen – bei Freunden, die deinen Glauben teilen, oder einem Seelsorger, der dich in deiner Trauer und Unruhe begleiten kann. Die Gemeinschaft mit anderen Gläubigen kann dir helfen, Trost zu finden und neue Perspektiven zu entdecken.
  3. Sei still und erkenne
    Gönne dir eine Pause vom übermäßigen Dienen. Nutze diese Zeit, um dich auf deine eigene Heilung und Wiederherstellung zu konzentrieren. Wenn du ständig gibst, kann es schwierig sein, in dir selbst Frieden zu finden. Nimm dir bewusst Zeit, um deine eigene emotionale und geistliche Gesundheit zu pflegen.
  4. Grabe tiefer
    Nutze diese schwierige Zeit, um deine Beziehung zu Gott zu vertiefen. Grabe tiefer in seinem Wort und meditiere über seine Verheißungen. Je mehr du über Gottes Charakter und seine unerschütterliche Treue lernst, desto mehr kannst du in schwierigen Momenten darauf vertrauen, dass er alles zu deinem Besten führen wird. Das Studium der Bibel stärkt dein Fundament und gibt dir Halt, auch wenn die Umstände unsicher erscheinen

Enttäuschungen werden immer ein Teil unseres Lebens sein, aber sie können uns auch tiefer zu Gott und zur Wahrheit führen. Meine Erfahrungen haben mich gelehrt, dass hinter jeder Enttäuschung eine Chance steckt, Gottes Größe und seine Liebe neu zu entdecken.

Autor

  • Keren Pickard (Jg. 1977) ist Mut-Coach und Rednerin. Sie wohnt mit ihrer Familie in Bühl, Baden-Württemberg, und schreibt für diverse Medien. E-Mail: mehrwert@ kerenpickard.com

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